"Die Behörde half beim Elitenwechsel und bei demokratischen Umgestaltungen"
Aufarbeitungsverein Bürgerkomitee 15. Januar zum Ende der Stasi-Unterlagen-Behörde
Berlin, 9. Juni 2021
„Wir müssen jetzt das Beste aus der Lage machen“, sagt Christian Booß, Vorsitzender des Aufarbeitungsvereins Bürgerkomitee 15. Januar e.V. zum Ende der Stasi-Unterlagen-Behörde. Der Verein hatte sich mehrfach kritisch zur Abwicklung dieser Einrichtung geäußert.
Mit dem Vorschlag, Evelyn Zupke zur Opferbeauftragten zu wählen, sei zumindest an einem Punkt eine Hängepartie beendet. "Wir freuen uns, dass ein ehemaliges Mitglied unseres Vereins für diese wichtige Aufgabe vorgeschlagen wurde. Frau Zupke ist kompetent und integer und hat durch ihr zivilgesellschaftliches Engagement Courage und Eigenständigkeit bewiesen. Die dem Vernehmen nach desginierte neue Vizepräsidentin im Bundesarchiv, zuständig für die Stasiakten, ist eine Verwaltungsjuristin mit großer Erfahrung in der Stasiunterlagenbehörde. Allerdings ist fraglich, wie mit dieser Personalentscheidung die archivarische Kompetenz gestärkt werden soll. Die vorhersehbare Gefahr, dass der Stasibereich im Bundesarchiv eine "Behörde in der Behörde" bildet, die ein bürokratisches Eigenleben führt, ist damit eher größer geworden.
Die bisherige Stasi-Aufarbeitung hat aus Sicht des Aufarbeitungsvereins viele wichtige Erkenntnisse zur SED-Diktatur geliefert sowie zur Rehabilitierung von Menschen, die unter der Diktatur gelitten haben, beigetragen. "Die Behörde half beim Elitenwechsel und bei demokratischen Umgestaltungen nicht nur in Ostdeutschland. Nach 30 Jahren sind sicher auch Neubewertungen und neue Orientierungen erforderlich. Dies ist eine Herausforderung für die Wissenschaft und den gesellschaftlichen Diskurs und weniger eine Frage der organisatorischen Form", so Booß.
Booß sagte weiter: „Die Akten werden nun an das hochprofessionelle und geachtete Bundesarchiv übergeben. Damit steigen die Erwartungen insbesondere was die fachgerechte Lagerung, Erschließung und Bereitstellung der Akten für Nutzer betrifft. Es zeigen sich aber auch schon erste Webfehler in dieser vom Bundestag 2020 beschlossenen organisatorischen Form. Ein Archiv tut sich schwer, aktive Aufarbeitung, d.h. auch Bildungsaufgaben zu übernehmen, die gesetzlich vorgegeben sind. Wir ermuntern daher das Bundesarchiv, sich insbesondere mit regionalen Trägern und NGOs zusammenzusetzen, um ein attraktives grundrechtsorientiertes Angebot zur Diktaturaufarbeitung sicherzustellen. Auch unser Verein ist bereit, dies zu unterstützen."
Für die künftige Arbeit mit den Stasi-Unterlagen fordert der Aufarbeitungsverein Bürgerkomitee 15. Januar e.V.:
-die fachgerechte Lagerung der Unterlagen insbesonderen in den Außenarchiven (Stichwort Klimatisierung)
-eine Überprüfung der Arbeitsabläufe im Interesse einer schnelleren und effizienteren Aktennutzung
-einen neuen Anlauf zu einer realistischen computergestützten Wiederherstellung von Unterlagen, die die Stasi vernichten wollte (unter Einbeziehung eines Mediators zur virtuellen Rekonstruktion)
-die Bereitstellung eines regionalen Aufarbeitungsangebots unter Einbeziehung von lokalen Akteuren
-die Offenlegung der Kriterien für Machbarkeitsstudien an den künftigen Standorten durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
-Erhalt der bisherigen Forschungskapazitäten, bis eine Alternative zur vergleichenden Geheimdienstforschung existiert
-mehr Engagement für den Bestandsschutz und die bestandsgerechte Sanierung der Standorte mit historischer Bausubstanz
KONTAKT:
Aufarbeitungsverein Bürgerkomitee 15. Januar e.V.
Dr. Christian Booß
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Stellungnahmen von ehemaligen DDR-Bürgerrechtlern zur Abwicklung der Stasi-Unterlagenbehörde ab dem 13. 6. auf:
Programm demnächst: Der Film des aus der Kälte kam. DDR-Spionage im Film. Ab 28. Juni
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